Günstiger und (fast) so schnell wie das Flugzeug – mit dem Zug nach Ungarn

Fernweh? Mit dem Zug nach Ungarn. Wir wollen die Welt und ihre wunderbare Natur entdecken, doch wie können wir das gestalten, dass uns diese auch noch lange erhalten bleibt? Ein paar Anregungen und Inspirationen aus flugfreien Reisen.


Ungarn ist ein Land, das mich schön länger begleitet. In der Grundschule hatte meine Klassenlehrerin einen Austausch mit einer ungarischen Schule organisiert, die uns für eine Woche in Deutschland besuchten.

Leider bin ich im Jahr danach umgezogen und konnte daher nicht beim Rückaustausch dabei sein. Auch in den letzten Jahren war eine Reise nach Ungarn, inbesondere Budapest, immer mal im Gespräch, es hat aber aus verschiedenen Gründen nicht geklappt.

Wie der Zufall es wollte, fand in diesem Jahr das europäische Agrarökologie-Forum in Ungarn, genauer in Gyöngyös statt. Bei dieser dreitätigen Veranstaltung kommen Landwirt*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen aus ganz Europa zusammen, um sich auszutauschen und zu vernetzen.

Da ich zur Ko-Produktion von agrarökologischem Wissen promoviere, war dies für mich eine perfekte Gelegenheit, meine Forschung vorzustellen und zu diskutieren, das Netzwerk besser kennenzulernen und – wenn auch nur für kurze Zeit – in die ungarische Landschaft und Kultur hineinzuschnuppern.

Schwerpunkt des Forums bildeten verschiedene Workshops und Vorträge, sowie eine Postersession. Das umfangreiche Rahmenprogramm mit Volksmusik und -tänzen, einer Weinprobe, sowie einer Exkursion zu verschiedenen nachhaltigen Höfen und Organisationen sorgten dafür, dass ich in kürzester Zeit viele engagierte und herzliche Leute kennenlernte und mehr über die Chancen und Herausforderungen von Landwirt*innen in Ungarn lernte. Außerdem gab es durchgehend leckeres überwiegend regionales Essen, was die Dienstreise zu einem Gaumenschmaus machte.

Aber nun zu meiner Reise – Ungarn, insbesondere Budapest, ist von Deutschland sehr gut zu erreichen, beispielsweise gibt es einen Direktzug von Hamburg bzw. Berlin. Auch von Würzburg wäre mein Zielort eigentlich mit nur drei Umstiegen (München – Wien – Budapest) erreichbar gewesen. Allerdings war ausgerechnet am Tag meiner Hinfahrt ein Bahnstreik in Deutschland. Doch ich hatte Glück im Unglück, denn ich konnte einen Zug nehmen, der eine halbe Stunde früher fuhr als ursprünglich geplant, aber dafür pünktlich und leer war und mich somit zügig über die österreichische Grenze brachte.

In Ungarn angekommen, gab es wegen einer Baustelle Schienenersatzverkehr. Dieser war aber schon wochenlang vorher bekannt und ich konnte mich somit gut darauf einstellen. Der Ersatzbus stand direkt am Umstiegsbahnhof und fuhr direkt los. Um zu meinem Zielbahnhof in Budapest zu gelangen, musste ich noch ein paar Stationen mit der Metro fahren, was auch problemlos funktionierte. Von dort aus ging es dann nach Gyöngyös.

Da ich die gesamte Zeit über funktionierendes WLAN hatte, konnte ich die Zugfahrt als Arbeitszeit nutzen und so entspannt in die Konferenz starten.

Die Rückfahrt sah auch erst nicht rosig aus, da der Zug in Gyöngyös mit 20 Minuten Verspätung angekündigt war. Da ich nur zehn Minuten Umsteigezeit hatte, hätte ich wahrscheinlich meinen Nachtzug verpasst. Ich fragte daher den Kontrolleur, der sich erkundigen wollte, aber zuversichtlich war, dass es noch reichen sollte. Das klappte dann zum Glück auch, da mein Nachtzug auch etwas Verspätung hatte. So konnte ich dann direkt in meinen Liegewagen steigen. Ich konnte ganz gut schlafen, bin aber ziemlich früh aufgewacht. Die anderen Leute in meinem Abteil waren sehr nett und rücksichtsvoll. In München angekommen, setzte ich meine Reise mit dem Deutschlandticket weiter. Ich hätte aber auch direkt mit dem ICE nach Würzburg fahren können. Ich entschied mich allerdings für den Regionalverkehr, da ich keinen Zeitdruck hatte und es günstiger war.

Wieso hast du dich für eine Reise ohne Flugzeug entschieden?

Ich fliege insbesondere aus Umweltschutzgründen seit mehreren Jahren nicht mehr, wenn es anders möglich ist. Dank meinen Zugreisen habe ich Orte kennengelernt, an die ich mit Flugzeug nie gekommen wäre. Ich merke auch immer wieder, wie gut es mir tut, mitzubekommen, wie ich Strecke mache und sich dabei auch die Landschaft verändert.

Im Gegensatz zu meinen anderen Reisen hätte sich in diesem Fall das Flugzeug sowohl finanziell als auch zeitlich nicht bzw. nur wenig gelohnt. Auch wenn mich schon vorher gegen einen Flug entschieden hatte, recherchierte ich Kosten und Dauer, um einen Vergleichswert zu haben.

Mit etwa 135 Euro für Hin- und Rückfahrt inklusive Bett im Liegewagen sowie Frühstück war die An- und Abreise für genau diese Verbindung tatsächlich günstiger als zu fliegen.

Zeitlich gab es auch keinen großen Unterschied, mit den Flugzeug (inklusive Wartezeit) hätte ich nur etwa zwei Stunden weniger als meine ursprünglich eingeplante Zeit gebraucht. Die Rückfahrt war wegen des Nachtzugs etwas länger, aber danke Liegewagen konnte ich den Großteil der Zeit zum Schlafen nutzen.

Gerade wenn man nicht direkt in einer Stadt mit einem Flughafen wohnt und das Ziel auch keine größere Stadt ist, lohnen sich Bus und Bahn meistens mehr. Die meisten Flughäfen liegen ja auch eher außerhalb von Städten und man verliert oft viel Zeit dabei, aus der Stadt rein- und rauszufahren.

Was hat die Reise zu einem besonderen Erlebnis gemacht?

Das Besondere an der Reise für mich war, dass es trotz der wirklich nicht optimalen Umstände (Streik, Baustelle etc.) alles gut geklappt hat. Gerade der Schienenersatzverkehr war gut organisiert und das Bahnpersonal konnte mir immer weiterhelfen. Ich bin nun mit Mitte November zum ersten Mal deutlich außerhalb der Reisezeit mit dem Nachtzug gefahren und war im Gegensatz zu den Reisen im Sommer mit etwas älteren Menschen in einem Abteil. Es freut mich immer wieder zu sehen, dass nicht nur junge abenteuerlustige Menschen Nachtzüge nutzen, sondern Menschen verschiedenen Alters. Für mich war es auch die erste Dienstreise mit dem Nachtzug und ich kann dies auch dafür empfehlen.

Welche Herausforderungen hattest du bei deiner Reise?

Herausfordernd waren für mich vor allem die Änderungen durch die Verspätungen, aber wie gesagt konnte ich alle gut meistern.

Was würdest du anderen Leuten empfehlen, die nach Ungarn ohne Flugzeug reisen wollen?

Zuallererst – macht es! Es gibt wirklich sehr gute und günstige Verbindungen von Deutschland nach Ungarn. Wer etwas langsamer, dafür aber mit spannenden Zwischenstopps reisen möchte, dem kann ich die Strecke Dresden – Budapest empfehlen, bei dem sich Stopps in Prag, Brno (Brünn) und Bratislava anbieten.

Günstige Tickets, gerade mit Nachtzügen, gibt es vor allem über die Website der österreichischen Bundesbahn (ÖBB) und sie sind unkompliziert buchbar. Ich habe für die Rückfahrt bei einer Buchung vor etwa vier Wochen im Voraus nur 75 Euro für die gesamte Fahrt bezahlt, das Ticket von München nach Budapest im Nachtzug hat dabei nur 50 Euro gekostet. So konnte ich entspannt bis zum Ende der Veranstaltung bleiben, ohne nochmal eine zusätzliche Übernachtung zu bezahlen.

Wenn man bei der ÖBB eine Telefonnummer bzw. Mailadresse angibt, bekommt man aktuelle Informationen bei Verspätungen.

Ansonsten empfehle ich auch, ein paar Forinth (ungarische Währung) entweder schon dabei zu haben oder in Budapest am Bahnhof zu tauschen (ist etwas günstiger), da man manchmal nur mit Bargeld bezahlen kann. In der Metro und im Zug ist Kartenzahlung aber problemlos möglich.

Die Ansagen waren in Budepest Keleti nur auf Ungarisch und es gibt im Gegensatz zu Deutschland keine festen Gleise. Ich empfehle daher, die Anzeigetafel am Bahnhof zu im Blick zu behalten, bei der dann mit einiger Zeit im Voraus auch das jeweilige Gleis angezeigt wird.

Grundsätzlich empfehle ich auch mehr als zehn Minuten Umsteigezeit einzuplanen, wenn man einen Nachtzug erreichen muss. Grundsätzlich hat man dann zwar auch Anspruch auf einen anderen Zug bzw. eine Übernachtung, aber in meinem Fall hätte es sich der kurze Stress vermeiden lassen, indem ich einen Zug eine Stunde früher gebucht hätte. Dazu muss ich aber sagen, dass ich keinen Zeitdruck für die Rückfahrt hatte und sich durch meine zahlreichen Zugreisen auch eine gewisse (vielleicht auch etwas zu große) Entspanntheit eingestellt hat, was Anschlüsse angeht.

Last but not least empfehle ich licht- und lärmempfindlichen Menschen eine Schlafbrille bzw. Ohrstöpsel. Ich habe aber bisher grundsätzlich erlebt, dass die Mitreisenden im Liegewagen sich gegenseitig rücksichtsvoll behandeln.

- von Linda Koch