Wem gehört die Stadt?

Tagtäglich werden Menschen aus dem gesellschaftlichen Leben in Berlin verdrängt. In einer Veranstaltungsreihe wollten wir zusammen neue Ideen schaffen, Bestehendes kritisch hinterfragen und ein alternatives Stadtleben ermöglichen. Denn unsere Vorstellung dieser Stadt ist eine andere: Wir wollen ein Berlin, in dem alle Menschen selbstbestimmt und nachhaltig zusammenleben können!
Cheers to Queers!
Unsere Veranstaltungsreihe begann mit einem queerfeministischen Pubcrawl. In lockerer Atmosphäre haben wir uns in ausgewählten Bars über Queerfeminismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit unterhalten. Wir tauschten uns über unsere Vorbilder und Gesellschaftsvorstellungen aus.
Koloniale Spuren im öffentlichen Raum – Ein Stadtrundgang im Afrikanischen Viertel
Berlin Postkolonial e.V. führte uns durch das sogenannte Afrikanische Viertel und dessen Geschichte im Wedding. Wir sprachen über einen Stadtteil, der sich immer noch durch rassistische Straßennamen zu Ehren von Kolonialverbrecher*innen kennzeichnet und über ein Thema, auf das in der Öffentlichkeit kaum aufmerksam gemacht wird. Drei Straßen, die Petersallee, der Nachtigalplatz und die Lüderitzstraße, sollen zukünftig umbenannt werden. Doch wann das geschieht, ist noch unklar. Denn nicht nur Politiker*innen sträuben sich vor der Umsetzung, sondern auch Anwohner*innen wehren sich vehement dagegen. Ein Konflikt, dessen Ende leider noch nicht in Sicht ist und der insbesondere Betroffene schmerzhaft an die gegenwärtig zu beobachtenden Kontinuitäten des Kolonialismus erinnert.
Ein Gemeinschaftsgarten mitten in der Stadt – Eine Führung durch den Prinzessinnengarten
Auf dem Bild ist die Installation „Herz trifft Prinzessin“ im Prinzessinnengarten zu sehen. Ein Kunstwerk, welches täglich um 18 Uhr in Form von Klängen pulsiert. Wie lange die Installation noch im Herzen des Prinzessinnengartens besichtigt werden kann, ist derzeit ungewiss, da die Zukunft der Gärten in Kreuzberg noch nicht geklärt ist. Ein Ende des Projekts wäre extrem schade, da sich der Prinzessinnengarten innerhalb weniger Jahre in dem Stadtteil etabliert hat und Sympathie und Unterstützung der Zivilgesellschaft genießt. Durch viele Projekte und Angebote haben die Betreiber*innen des Gemeinschaftsgartens wichtige sozial-ökologische Fragen auf die Agenda gesetzt, die bis vor einigen Jahren in der Berliner Politik noch als irrelevant betrachtet wurden. In der Führung durch die Gärten haben wir viel über die Geschichte des Projekts erfahren, die in enger Verbindung mit einer rasanten Veränderung des Quartiers sowie der ganzen Stadt steht. So müssen auch die Geschichte und vor allem Zukunft des Prinzessinnengartens unter dem Stichpunkt „Recht auf Stadt“ verstanden werden.
Wohnen als Privileg? – Wohnungslosigkeit in Berlin – Ein Bericht von Betroffenen
Schätzungsweise waren 2018 laut der BAG Wohnungslosenhilfe deutschlandweit 678.000 Menschen wohnungslos. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg von 4,2 Prozent. Allein in Berlin wird von ca. 40.000 wohnungslosen Menschen und etwa 10.000 Menschen, die keine Unterkunft und auf der Straße leben, gesprochen. Wie hoch die Zahl wirklich ist, ist schwer zu erfassen.
Eine junge Frau, die von Wohnungslosigkeit betroffen war, teilte ihre Geschichte mit uns. Sie machte uns auf die Missstände in Notunterkünften aufmerksam, kritisierte die fehlende Unterstützung seitens der Behörden und nannte uns ihre Forderungen an die Politiker*innen der Stadt.
Wir finden, dass dieses Thema tabuisiert und vernachlässigt wird und fordern eine Einbindung von Wohnungslosen in politische Entscheidungsfindungsprozesse. Statt über sie zu sprechen, sollte mit ihnen gesprochen werden.
Besetzen statt Besitzen! Möglichkeiten widerständiger Stadtpolitik
In diesem Workshop haben uns die Referent*innen interessante Einblicke in die Berliner Geschichte der Hausbesetzungen gegeben. Daraufhin wurden verschiedene Fragen diskutiert: Was ist der Zweck von Besetzungen und wie läuft das eigentlich ab? Welche Formen von Besetzungen gibt es? Welche Konsequenzen können dabei entstehen? Gemeinsam haben wir dabei mit einigen Mythen über Besetzungen aufgeräumt und uns auch kritisch mit den Vor- und Nachteilen von Besetzungen als politische Strategie auseinandergesetzt.
Eigentum verpflichtet! - Ein Streitgespräch über Gentrifizierung
Bei unserer Podiumsdiskussion zum Thema Gentrifizierung trafen Wissenschaft, Aktivismus und Politik aufeinander. Darüber, dass Berlin Probleme im Bereich Mietpreisentwicklung hat, waren sich die Sprecher*innen weitgehend einig. Bei der Bewertung der Konsequenzen von Verdrängung und den entgegenzusetzenden Handlungsstrategien auf politischer Ebene gingen die Vorstellungen dann doch weit auseinander. Wir danken allen Sprecher*innen für das sehr aufschlussreiche Streitgespräch, Jana Schulz, die die komplette Diskussion in Gebärdensprache gedolmetscht hat, sowie unserem Moderator.
Barrieren in den Köpfen, Barrieren auf den Straßen! Wie inklusiv ist Berlin?
Am 14.01.20 hatten wir vier Gäste aus unterschiedlichen Bereichen zu uns auf's Podium eingeladen, um unter dem Motto "Barrieren in den Köpfen, Barrieren auf den Straßen. Wie inklusiv ist Berlin?" über ableistische, also diskriminierende, Strukturen im Stadtleben zu sprechen. Die Barrieren in unseren Köpfen und das fehlende Bemühen um Inklusion hindern Menschen mit Beeinträchtigungen systematisch von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Auf dem Podium sprachen Christine Albrecht (Beauftragte für Senioren und Fahrgäste mit Behinderungen der BVG), Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen), Dennis (Aktivist für Barrierefreiheit) und Andi Weiland (Pressereferent und Projektmitarbeiter von SOZIALHELDEN e.V.). Wir sprachen über Rechtsgrundlagen (u.a. UN-Behindertenrechtskonvention), über die fehlende Aufmerksamkeit für die institutionelle Exklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen (durch z. B. Förderschulen) und über das Gewaltpotential von Sprache (wenn z. B. „behindert“ als Schimpfwort verwendet wird).
Eines ist klar: Inklusion beginnt in unseren Köpfen und benötigt ein radikales Umdenken. Dafür wollen wir kämpfen und hoffen, mit unserem Podiumsgespräch erste Impulse gesetzt zu haben.