Philosophie im Garten – Gesellschaft und Nachhaltigkeit

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Was ist für eine nachhaltige Gesellschaft notwendig? Dieser Frage gingen wir aus philosophischer Perspektive nach.

Im Gespräch mit Dr. Frithjof Reinhardt vom Institut für Philosophie und Kulturgeschichte (IPK Bad Berka) und dem Projekt Schulbrücke (EJB Weimar) im Gemeinschaftsgarten der Naturfreundejugend Erfurt

Einer der herausstechenden Punkte ist Bildung. Denn trotz vieler Angebote an vor allem junge Menschen scheint es einen erheblichen Nachholbedarf in der Breite der Gesellschaft zu geben. Eine nachhaltige Zukunft zu gestalten, durch Problemsensibilität und bewusstes Handeln, kann nur generationen- und milieuübergreifend gelingen. Dabei wurde die Massenpsychologie von Gustav le Bon kritisch aufgegriffen, in welcher Le Bon die Schwierigkeit darstellt, dass die breite Masse an Menschen eher nach einer Führung strebt. Als nachhaltig wurde von den Teilnehmenden jedoch die Selbsterfahrung durch eigenes Experimentieren angesehen. Die positiven Erfahrungen verändern Handeln dauerhaft. Wenn etwa Schüler*innen gemeinsam lernen, erhalten sie mehr Perspektiven, Lösungsansätze und kommen miteinander zu einem Ergebnis. Oder wird in einer Wohngemeinschaft zusammen gekocht, so lernen sie, dass sie weniger Lebensmittel benötigen und Energie verbrauchen.

Bildungsangebote von Verbänden und Schulen können solche Beispiele zwar aufzeigen, jedoch kaum im Alltag begleiten. Oft richten sich Angebote aus dem Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung an junge Menschen und nicht an zivilgesellschaftliche Akteure.

Aus letztgenannten ergeben sich Anforderungen an die Politik, welche nicht nur Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung einer Gesellschaft zu schaffen hat. So wurde der Weg zu Max Weber genommen, dass Politik als Beruf verstanden werden muss, welcher mit Leidenschaft, Augenmaß und Verantwortungsgefühl der gesellschaftlichen Zukunft dienlich ist. Politik auch da zu gestalten, wo Werteveränderungen und Normenanpassungen notwendig geworden sind und in das Leben der Individuen eingreifen, um eine intakte ökologische, soziale und ökonomische Zukunft für alle zu ermöglichen.

Bildung und Politik sollen so ein gutes Leben ermöglichen, welche sich nach Martha C. Nussbaum eben nicht nur an ökonomischen Indikatoren messen lässt, sondern eben viel ganzheitlicher gedacht werden muss, da Bildung, Kultur, Teilhabe und Vorsorge etc. für alle notwendig sind und so eine Gesellschaft gerechter machen.

Doch wenn dies nicht durch Reformen gelingt oder diese eine nachhaltige Entwicklung ausbremst, bedarf es dann einer Revolution? Oder verlieren und verwischen sich Ansätze, welche in Revolutionen gelegt werden, wie Hannah Arendt es beklagt? Die Probleme bei der Reform, der Transformation oder den revolutionären Umbruch einer Gesellschaft bildet der Umstand, dass das Bestehende in all seinen Ebenen kaum vollständig überwunden werden kann und sich nur in kleinen bis mittleren Schritten vollzieht.

Recht sollte sich an Moral und Sittlichkeit nach Hegel so orientieren, dass dem Wohle des Einzelnen gerade so dient, dass es dem Wohle allen dienlich ist und Glückseligkeit ermöglicht.

Um allen ein gutes Leben zu ermöglichen, ist das Individuum zwar anzuerkennen und wertzuschätzen, jedoch bedarf es ebenso eine solidarische Einstellung dieser zueinander. So kommen Herders Humanismus und das Bildungsideal nach Humboldt als Grundlage zusammen, da die Individuen einer Gesellschaft um die Notwendigkeit einer nachhaltigen Transformation Verständnis aufzubringen haben. Ein solches Verständnis nimmt die Natur als gemeinsame Lebensgrundlage in den Fokus und kann so nationale, kulturelle und Glaubensansätze überwinden.

An das Individuum wird so indirekt die Forderung gestellt, Verantwortung für die eigene Entwicklung, das umgebende soziale Umfeld und der gemeinsamen Umwelt zu übernehmen.

Dies führte in das Feld der Stadt- und Raumplanung, in welchen sich auch Ansätze der Weimarer Klassik finden, etwa die Bedeutung von Gärten zu Selbst- und Gemeinschaftsversorgung, sowie Orte, welche den Aktivitäten und der Erholung der Menschen in der Stadt dienlich sein müssen. So wurden anhand des Gemeinschaftsgartens der Naturfreundejugend verschiedene Nutzungsarten durchgedacht. Ein Gemeinschaftsprojekt kann von verschiedenen Menschen zu verschieden Zeitpunkten genutzt werden, er kann von jenen bewirtschaftet werden, die mehr Zeit oder Wissen, Fähigkeiten und Interesse haben, als jene die eingeschränkter sind, etwa durch Familie oder Beruf, und dennoch könnten alle versorgt werden. Ebenso könnten verschiedene Konzepte genutzt werden, etwa für die Nachmittagsbetreuung oder -gestaltung von Kindern oder der gemeinschaftlichen Nutzung von Werkzeugen oder medialen Geräten in größeren Wohngemeinschaften.
Fazit: Eine nachhaltige Gesellschaft benötigt veränderte Werte und Normen, welche ein Bewusstsein zum solidarischen Handeln und gemeinschaftlicher Nutzung vorhandener Ressourcen fördert und ein gutes Leben für Alle in Stadt und Land ermöglicht.