Helena - Mobbing

Warum mobben Menschen andere Menschen? Warum sticheln sich Leute gegenseitig an, wenn es darum geht, andere nieder zu machen? Warum schließt sich eine Gruppe gegen ein Opfer zusammen? Und warum zum Teufel habe ich das früher auch gemacht?

„Weil es Spaß macht.“ hätte mein jugendliches Ich wohl rotzfrech geantwortet. „Um in einer Gruppe von kleinen Monstern eine möglichst hohe Position zu behalten!“ könnte ich mich rechtfertigen.
„Kinder können so grausam sein, denn sie wissen ja nicht, was sie tun.“ heißt es doch immer. Wussten wir das wirklich nicht? War die Empathie so gering, dass man schlichtweg nicht nachvollziehen konnte, wie übel man dem Anderen zugesetzt hat? In der zehn Minuten Pause schnurstracks zu einem Menschen zu gehen und diesen mal eben zum Heulen bringen? Challange accepted. Geheimnisse einer Person herausfinden und sie allen erzählen, um sich gemeinschaftlich darüber lustig zu machen? Das fanden die meisten von uns doch richtig toll!

Wenn ich die eine oder andere Sache Revue passieren lasse, frage ich mich schon: was habe ich mir damals dabei gedacht? Jeder Schmerz hinterlässt Narben. Wusste ich das etwa nicht? Oder habe ich es einfach nur billigend in Kauf genommen, weil es nicht mein Schmerz war, der da zur Schau gestellt wurde?

Was ich tatsächlich nicht wusste war, wie es sich anfühlt, auf der anderen Seite zu stehen. Als ich es dann eines Tages erfuhr, geschah es mir wohl ganz Recht. „Alles, was du von dir gibst, kommt eines Tages zu dir zurück.“ heißt es. Ich habe wohl einen Teil dessen zurückbekommen, was ich vorher gegeben habe. Irgendwie bin ich manchmal sogar “dankbar“ für diese Lektion, weil ich danach endlich begriff, was ich anderen angetan habe.

Aber dass meine Bosheit zuvor Menschen getroffen hat, die sich ihre Behandlung nicht mit Karma oder Cashback erklären konnten, tut mir bis heute noch Leid. Kein anderer sollte leiden müssen, bloß weil er schwächer erscheint oder nicht durch das Raster der aktuell "Angesagten" passt. Das ist im Kleinen Kreis genauso zu sehen wie auch im globalen Großen und Ganzen. Im Lebensmotto genauso wie im Verhalten im Büdchen um die Ecke. Wir sollten einander Halt geben, statt nachzutreten wenn jemand am Boden liegt. Und uns unterstützen, statt gnadenlos auszubeuten. Was man früher gemacht hat, kann man leider nicht wieder rückgängig machen. Aber man kann versuchen, in Zukunft ein besserer Mensch zu sein. Jede Situation bietet die Chance dazu.
 Helena