Offener Brief an die Bundesregierung: Eure Sparpolitik kostet uns die Zukunft!

Gemeinsam mit neun anderen Jugendorganisationen haben wir heute einen offenen Brief an Scholz, Habeck und Lindner gegen die im Haushalt vorgesehenen Kürzungen veröffentlicht:

Offener Brief: Eure Sparpolitik kostet uns die Zukunft!

Sehr geehrter Herr Scholz,
Sehr geehrter Herr Habeck,
Sehr geehrter Herr Lindner,


Sie werden in den nächsten Tagen im Kabinett den Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt
2024 beschließen. Der Haushalt entscheidet nicht nur darüber, welche Politik die
Ampel-Koalition und ihre Minister*innen umsetzen können – er bildet das langfristige
Fundament unseres Zusammenlebens. Mit Sorge blicken wir als Jugendorganisationen und
Jugendverbände auf einen Haushaltsentwurf, der den gesellschaftlichen Herausforderungen
von heute und morgen nicht ansatzweise gerecht wird.


Die aktuelle Finanzplanung reicht weder, um gesetzlich beschlossene Maßnahmen und
Ziele zu finanzieren, noch ermöglicht sie vorausschauende Investitionen zur Bewältigung
zukünftiger Herausforderungen. Aktuelle Studien von Murau & Thie (2022) belegen, dass
alleine bis 2030 mehr als 160 Milliarden Euro fehlen, um die Klimaziele zu erreichen.
Weitere Herausforderungen wie die Finanzierung von Armutsbekämpfung,
Bildungsgerechtigkeit, Digitalisierung sowie moderner und nachhaltiger Infrastruktur sind
hier noch gar nicht abgebildet. Die Ankündigung, bei Investitionen nicht kürzen zu wollen, ist
löblich, aber viel zu wenig. Aktuell wird unsere Zukunft heruntergewirtschaftet. Daher reicht
es nicht, auf dem aktuellen – viel zu niedrigen – Investitionsniveau zu verharren.


Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Klimakrise stellen unsere Wirtschaft und
Gesellschaft vor Herausforderungen, die sich nicht einfach wegsparen lassen. Strikte
Haushaltspolitik in der aktuellen Situation ist kein Ausdruck ökonomischer Kompetenz, im
Gegenteil: Sie verhindert, dass notwendige Investitionen getätigt werden und verschärft so
die multiplen Krisen. Ihr Spardiktat ist somit vor allem eins: langfristig teuer. Heute
begonnener Klimaschutz erspart uns weit höhere Kosten für Klimaanpassung in der Zukunft.


Sie betonen, dass Ihre Sparpolitik und die Schuldenbremse im Interesse von uns jungen
Menschen seien. Als Jugendverbände und -organisationen vertreten wir die Interessen von
einer Million jungen Menschen und wehren uns gegen diese Bevormundung, denn die
Schuldenbremse wirkt vor allem als Investitionsbremse. Sie begrenzt den staatlichen
Handlungsspielraum und verhindert die notwendigen Investitionen in die Zukunft junger
Menschen. Zusätzlich verengen Sie den staatlichen Handlungsspielraum weiter, indem Sie
Steuererhöhungen kategorisch ausschließen, dabei wäre eine stärkere Beteiligung sehr
hoher Vermögen und Einkommen aus ökonomischer wie demokratischer Sicht sinnvoll.


Das Vertrauen junger Menschen in demokratische Prozesse und Parteien geht verloren,
wenn das politische Handeln nicht mehr von zentralen Herausforderungen, sondern von
überholten ideologischen Maximen geleitet wird. Dies gilt insbesondere in Zeiten wie den
jetzigen, in denen die demokratische Zivilgesellschaft durch gesellschaftlichen Polarisierung
und Angriffe von Rechtsextremen und anderen Antidemokrat*innen unter Druck gerät.
Zusätzlicher Spardruck verstärkt dies. Im Koalitionsvertrag wurde angekündigt, den Kinderund
Jugendplan des Bundes endlich bedarfsgerecht auszustatten und gleichzeitig die
Programme zur Demokratieförderung auszubauen. Es wäre ein Schlag ins Gesicht aller
jungen Menschen, die sich in ihren Ehrenämtern aktiv in die demokratische Zivilgesellschaft
einbringen, wenn überhaupt in Erwägung gezogen würde, die Mittel der letzten
Haushaltsjahre nicht zu verstetigen


Weder Kürzungen noch Stillstand sind im Interesse junger Menschen: Ihre Sparpolitik kostet
uns die Zukunft! In Zeiten gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen wie der Klimakrise,
der stetig steigenden ökonomischen Ungleichheit, der gesellschaftlichen Polarisierung und
einem wachsenden Investitionsstau bei öffentlicher Infrastruktur ist Ihr verantwortungsvolles
Handeln gefragt. Nehmen Sie Ihren eigenen Anspruch wieder ernst. Wir, die jungen
Generationen, werden Sie daran messen.


Gezeichnet,


BUNDjugend
DGB-Jugend
EVG-Jugend
FiscalFuture
Freier Zusammenschluss von Student*innenschaften
FridaysForFuture
Naturfreundejugend
Naturschutzjugend
SJD - Die Falken
ver.di Jugend

Auf der Seite von fiscalfuture ist der offene Brief als pdf veröffentlicht.