Rechtsextremismus und Naturschutz

Ende 2017 gründeten die NaturFreunde Deutschlands und wir die Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN). Bei der Bekanntmachung auf Facebook erhielten wir viele Kommentare, denen wir nicht immer zustimmen konnten.

„Wenn jemand engagiert ist, ist die politische Einstellung egal...“ kommentierte ein Facebook-Nutzer auf der Facebook-Seite der Naturfreundejugend Deutschlands. Er sollte mit seiner Meinung nicht lange allein bleiben. Viele sahen weder einen Grund sich mit dem Themenfeld Rechtsextremismus und Naturschutz auseinanderzusetzen noch eine Notwendigkeit sich von rechtsextremen Natur- und Umweltschützer*innen zu distanzieren. Ein breites Bündnis über alle politischen Lager hinaus schien nicht nur erstrebenswerter, sondern sogar notwendig und alternativlos. Grund für die Diskussion war die Bekanntmachung von FARN.

FARN – Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz – wurde von den NaturFreunden und der Naturfreundejugend Deutschlands gegründet. Die Fachstelle wird die historischen und aktuellen Verknüpfungen des deutschen Natur- und Umweltschutzes mit extrem rechten und völkischen Strömungen untersuchen, sichtbar machen und entsprechende Gegenmaßnahmen und Materialien entwickeln.

Naturschutz und Rechtsextremismus stellen für viele Menschen Gegensätze dar. Sie verbinden Natur- und Umweltschutz mit einem alternativen Lebensstil, mit demokratischen Werten und dem Einsatz für Menschenrechte. Dabei ist rechter Naturschutz kein neues Phänomen. Neu ist dieser Tage höchstens, dass der allgemeine Rechtsruck es rechtsextremen Einzelpersonen und Gruppierungen ermöglicht, selbstbewusster im öffentlichen Raum aufzutreten.

Rechtsextreme engagieren sich im Natur- und Umweltschutz. Man begegnet ihnen bei der „Wir haben es satt“-Demonstration und in regionalen Bündnissen wie der Bürgerinitiative „Braunkohle-Nein“. Auf den großen Demonstrationen gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA waren Vertreter*innen der Identitären Bewegung zugegen. „Gegen US-Herrschaft - Europa wehrt sich!“, stand auf ihren Bannern. Die Grenzen zwischen den politischen Lagern scheinen zu verschwimmen.

Während Organisator*innen zunehmend nach Strategien gegen rechte Unterwanderung suchen, hört man aus den Reihen der aktiven Natur- und Umweltschützer*innen aber auch immer wieder ganz andere Töne: „Ist es der Natur nicht egal, von wem sie geschützt wird?“, „Muss man sich nicht über jeden Menschen freuen, der sich engagiert?“ oder „Naturschutz zuerst!“ Angesichts der nahezu allgegenwärtigen Bedrohung der Lebensgrundlagen durch Ressourcenübernutzung stellen sich viele die Frage, ob es nicht Wichtigeres gibt, als die politische Gesinnung. Eine Querfront scheint verlockend.

Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die politische Verortung nicht irrelevant ist. Zwar gibt es tatsächlich viele Forderungen im Bereich des Natur- und Umweltschutzes, die in allen politischen Lagern gleich zu sein scheinen, die Herleitungen und Begründungen unterscheiden sich jedoch deutlich. So ist rechter Natur- und Umweltschutz stets verknüpft mit rassistischen, biologistischen und völkischen Ideen – etwa mit den Neu-Rechten-Konzepten vom „Ethnopluralismus“ oder der „Umvolkung“. Hier geht es immer auch um die Ideen von „angestammten Territorien der Völker“, um die „Reinhaltung“ von Staaten, um die „Verteidigung des Eigenen“ und schließlich auch um „Remigration“ und „Schutz der Grenzen“.

Auch in der Facebook-Diskussion ging es schnell um Sozialdarwinismus, um Rassen, natürliche Auslese und Selektion. Der Versuch einer Relativierung des Holocaust in Anbetracht des weltweiten Insektensterbens bildete schließlich den erschreckenden Höhepunkt des Schlagabtausches.

Aktive im Natur- und Umweltschutz tun demzufolge gut daran, hier Distanz zu suchen. Eine Querfront mit extrem rechten Natur- und Umweltschützer*innen ist abzulehnen. Ein Platz in der Mitte der Gesellschaft darf Rechtsextremen nicht angeboten werden. Natur- und Umweltschutz darf nicht ausgespielt werden gegen Demokratie und Menschenrechte.

FARN bietet Aktiven im Natur- und Umweltschutzes und der Kinder- und Jugendhilfe Information, Beratung und Qualifikation. Aktuelle Termine gibt es hier

FARN wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.